Warum gibt es immer mehr psychische Diagnosen?
Schon eine ganze Weile habe ich mich gefragt, warum psychische Diagnosen seit Jahren wie Pilze aus dem Boden sprießen. Werden wir Menschen immer kränker? Schauen wir genauer hin und sehen Dinge, die wir vorher nicht sehen konnten? Wurden neue Diagnosen erschaffen, um der Pharmaindustrie mehr Geld in die Kassen zu spülen?
Gestern fiel es mir wie Schuppen von den Augen: So, wie wir Menschen in unserer Gesellschaft miteinander leben, so wie wir als Kinder erzogen werden, ist es kein Wunder, dass wir z.T. seltsame Strategien entwickeln, um in dieser Gesellschaft zu überleben. Unser Miteinander wird in einigen Bereichen immer Menschen-unfreundlicher.
Schon sehr früh lernen wir, unsere Gefühle wegzupacken und nicht mehr auf unsere Intuition zu hören. Stattdessen lernen wir, uns mit unserem Verstand, mit unserem Denken zu identifizieren. Wir leben also immer mehr Denk-gesteuert als Intuitions-gesteuert. Und das treibt seltsame Blüten, weil unser Denken oft kein guter Wegweiser ist.
Wie sähe unser Leben und unser Miteinander aus, wenn wir wieder Zugang zu unserer Intuition, unserem Bauchgefühl, unserer inneren Weisheit hätten?
Mit Anfang 30 bekam ich eine PTBS (posttraumatische Belastungsstörung) Diagnose, erkannte unabhängig von dieser Diagnose meine Gefühls-Abgeschnittenheit und machte mich auf den (Rück-)Weg zu meinen Gefühlen und meiner Intuition. Ich habe mich beim Lesen eines Fachbuches als hochsensibel erkannt, was mir anfangs geholfen hat, meine "Special Effects" (wie ich die persönlichen Eigenarten gerne nenne) leichter anzunehmen. Jetzt beim Schreiben merke ich, wie fremd mir diese Label und Diagnosen inzwischen sind - ich identifiziere mich nicht mehr mit ihnen.
Heute ist für mich "jeder Jeck anders", wie das Kölsche Grundgesetz sagt. Jeder hat seine "Special Effects", dafür braucht es für mich keine Diagnosen, Label oder sonstigen Schubladen. Stattdessen schaue ich lieber auf den Wesenskern der Menschen, so gut ich das kann: Mal mehr, mal weniger. Denn im Kern sind wir alle gleich: Liebevolle friedvolle Wesen. Nur manchmal sehe ich es nicht - weder bei mir, noch bei anderen.